Yuri Albert – Elitär-demokratische Kunst

„Kann man ein absolut unverständliches Kunstwerk erschaffen?“ (Yuri Albert)

“Is it possible to make an absolutely incomprehensible artwork?”(Yuri Albert)

 

Yuri Albert
Elitär-demokratische Kunst
21.9.2018 – 20.1.2019

Kunstmuseum Liechtenstein is devoting the first comprehensive solo exhibition outside of Russia to the Russian-born artist (*1959) who today lives in Cologne and Moscow.

Yuri Albert is one of the most important exponents of the second generation of the Moscow Conceptualists. Excluded from the state culture industry in the 1970s and 1980s, from the official infrastructure of museums and galleries, but also from the discourses of aesthetics and art criticism, the artists themselves were forced to take on the task of presenting, commenting on and reflecting theoretically on their activities. Marked by the historical experience of self-organisation in the late Soviet milieu, Albert arrived at his critical and, at the same time, (self-)ironic reflections on the art system.

Yuri Albert, “Kunst für Taubstumme” (1988 Schwarzweiss-Fotografie auf Hartfaserplatte, Acryl, 100 x 70 cm © Yuri Albert)

The focus of the exhibition showcasing Yuri Albert’s work for the first time outside of Russia in this fullness is on the Elitist-Democratic Art series (1987–89, 2017). In this series the artist contrasts the language of art with the languages of blind or deaf mute people or also the terminology of sailors and stenographers in order to analyse the individual semiotic systems and the system of art as a whole, their comprehensibility and accessibility.

The museum visitor is always an interlocutor in these studies of the relationship between artwork and interpretation, image and text, visibility and invisibility, original and copy. Yuri Albert’s works draw us into a dialogue with and about art, inviting us to ponder the status of art: elitist or democratic.

The exhibition conceived in close collaboration with Yuri Albert is a production of Kunstmuseum Liechtenstein in cooperation with the ERC project Performance Art in Eastern Europe (1950–1990): History and Theory (University of Zürich), curated by Sandra Frimmel and Sabine Hänsgen.

The show will be accompanied by a publication in German comprising all of the artist’s texts and a comprehensive works section.

 

In German

Das Kunstmuseum Liechtenstein widmet dem aus Russland stammenden Künstler (*1959), der heute in Köln und Moskau lebt, die erste umfassende Einzelausstellung ausserhalb Russlands.

Yuri Albert ist einer der wichtigsten Vertreter der zweiten Generation des Moskauer Konzeptualismus. In den 1970er und 1980er Jahren aus dem staatlichen Kulturbetrieb ausgeschlossen, aus der offiziellen Infrastruktur von Museen und Galerien, aber auch aus den Diskursen von Kunstwissenschaft und Kunstkritik, mussten die Künstler selbst die Aufgabe der Präsentation, Kommentierung und theoretischen Reflexion ihrer Tätigkeit übernehmen. So stellt Albert in seinen oftmals textbasierten Arbeiten Fragen der Kunst und untersucht die Bedingungen ihrer Produktion und Rezeption. Er beschäftigt sich in der Tradition der Konzeptkunst nicht nur mit dem Verhältnis von Kunstwerk und Kommentar, sondern seine Inszenierungen der Bild-Text-Relation berühren auch weiterreichende bildtheoretische und bildtheologische Fragen. Geprägt von der historischen Erfahrung der Selbstorganisation im spätsowjetischen Milieu fand Albert zu seinen kritischen und zugleich (selbst-)ironischen Reflexionen des Systems Kunst.

Im Zentrum der Ausstellung, die Yuri Alberts Werk zum ersten Mal in dieser Fülle ausserhalb Russlands vorstellt, steht die Serie Elitär-demokratische Kunst (1987-89, 2017). In dieser wird die Sprache der Kunst den Sprachen von Blinden und Taubstummen oder auch den Fachsprachen von Seeleuten und Stenographistinnen gegenübergestellt, um sowohl die einzelnen semiotischen Systeme als auch die Kunst allgemein, ihre Verständlichkeit und Zugänglichkeit, einer Analyse zu unterziehen. Hierum gruppieren sich frühe Textarbeiten, in denen der Künstler erklärt: „Meine Arbeit ist in eine Krise geraten…“ (1983), wie auch die spätere „Moskauer Abstimmung“ (2009), bei der politische Wahl und ästhetisches Urteil in einen Zusammenhang gebracht werden: „Erscheinen Ihnen die Arbeiten eines Künstlers schlechter, wenn Sie seine politischen Überzeugungen nicht teilen?“ Außerdem werden Werke aus der Serie Ich bin nicht… (1980-2006) zu sehen sein, in der sich der Künstler negativ definiert, nicht über das, was er ist, sondern über das, was er nicht ist, ebenso die Serie Meine Lieblingsbücher (2001), in der Albert seine Lieblingsbücher opfert, um daraus neue Kunstwerke entstehen zu lassen. Darüber hinaus spielt Albert in den Karikaturen meiner Kindheit (1994-2004) mit den (nicht nur sowjetischen) Vorurteilen gegenüber der modernen Kunst.

Der Museumsbesucher ist in diesen Untersuchungen der Beziehung zwischen Kunstwerk und Interpretation, Bild und Text, Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Original und Kopie, immer diskursives Gegenüber. Yuri Alberts Arbeiten ziehen ihn in einen Dialog mit der Kunst und über die Kunst hinein und laden ihn ein, über den Status von Kunst nachzudenken: elitär oder demokratisch.

Die in enger Zusammenarbeit mit Yuri Albert konzipierte Ausstellung ist eine Produktion des Kunstmuseums Liechtenstein in Kooperation mit dem ERC-Projekt “Performance-Art in Osteuropa (1950-1990): Geschichte und Theorie” (Universität Zürich), kuratiert von Dr. Sandra Frimmel und Dr. Sabine Hänsgen.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation in deutscher Sprache. Sie umfasst sämtliche Texte des Künstlers sowie einen umfassenden Werkteil.